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Eine Bauernfamilie fast wie aus dem Bilderbuch

Nicht mitten im Sommer wie in den letzten Jahren, sondern zur richtigen Zeit im Frühherbst kommen die Zwetschgen auf den Markt. Zu Besuch bei der 7-köpfigen Bauernfamilie Flammer in Mörschwil bei St.Gallen, die 90 Zwetschgen-Hochstammbäume hegt und pflegt.
Familie-Flammer

"Sie muss hohe Schönheitskriterien erfüllen, bis sie sich im Laden präsentieren darf", sagt Elisabeth Flammer (44) über ihre Fellenberg Zwetschgen. Und sie weiss, wovon sie spricht, denn durch ihre Hände gehen die AdR-Zwetschgen, bevor sie im Laden für die Kundschaft bereitliegen. Ihrem über Jahre geschulten Auge entgeht fast nichts, "ich erkenne sofort, ob die Zwetschge von einem Wurm befallen ist oder nicht." 12-15 Tonnen AdR- Zwetschgen ernten Niklaus (43) und Elisabeth Flammer auf ihrem Pachtbetrieb in Mörschwil. Die 90 Zwetschgen-Hochstammbäume bedeuten einen wichtigen Teil ihrer Existenz, 27 Milchkühe leben ebenfalls auf dem 13-Hektar grossen Hof und neben den Zwetschgen sind es Kirschen und Mostobst, die bewirtschaftet, gehegt und gepflegt werden. Und 300 Freilandhühner, deren Eier direkt vermarktet werden. Seit 2010 bewirtschaften sie den Hof und sie blicken beide auf viele Parallelen in der Vergangenheit zurück: Beide sind auf einem Bauernhof aufgewachsen, bei beiden war es der ältere Bruder, der den elterlichen Hof übernahm. So haben sie für ihr Gemeinschaftswerk einen gefüllten Rucksack an Erfahrungen mitgebracht, auch wenn sie zuerst einen andern Berufsweg eingeschlagen haben. "Ich habe Zimmermann gelernt, gleich darauf aber eine Lehre als Landwirt und die Meisterprüfung absolviert", erzählt Niklaus Flammer. Seine Frau Elisabeth hat nach der Matura am Kantonsspital St. Gallen eine Ausbildung zur Orthoptistin  absolviert und "irgendwann dazwischen die Bäuerinnenschule besucht".

Grosse Herausforderungen

Das Ehepaar bewirtschaftet den Betrieb zu zweit, einzig für die Zwetschgenernte haben sie Unterstützung. "Es ist arbeitsintensiv und herausfordernd", sind sie sich einig. Die Zufriedenheit, die sie ausstrahlen, zeugt davon, dass es genau das Richtige ist für sie, "für uns stimmt es so!" Man zweifelt keinen Augenblick daran. "Gerade während der Coronazeit wurde uns noch mehr bewusst, wie schön wir es haben", blickt Elisabeth Flammer zurück. "Wir sind keine Familie, die den Kindern ein Animationsprogramm bieten kann oder muss, bei uns läuft immer etwas." Man habe es noch nie anders gekannt und so auch während der Coronazeit nichts vermisst. Auch Ferien stehen bei Familie Flammer nicht auf dem Programm, "wir unternehmen mit unseren Kindern Tagesausflüge, erst gestern waren wir auf dem Säntis und jedes Jahr besuchen wir unsere Rinder auf der Alp in Vals und bei Rüthi", erzählen sie. Und Niklaus Flammer unterstreicht: "Gerade wenn man Kinder hat, ist es schön, zu Hause zu arbeiten, zusammen zu essen und viel Zeit miteinander zu verbringen."

Kleine Ernteeinbussen

Auch wenn sie von 10-20 Prozent Ernteeinbussen wegen des nassen Wetters und Hagels sowohl bei den Kirschen als auch den Zwetschgen berichten, schwingt kein negativer Ton mit. "Bei uns war es viel weniger schlimm als in anderen Teilen der Schweiz, und dafür sind wir dankbar."  Die Zwetschgenernte steht vor der Tür, die prallen Fellenberg Zwetschgen leuchten zum Teil bereits in schönstem Blau von den Hochstämmern. Nichts erinnert bei diesem herrlichen Sommerwetter und der Idylle auf dem Hof an die Herausforderungen, die jedes Jahr von neuem zu bewältigen sind. Bereits das Schneiden der Bäume ist von immenser Wichtigkeit und hier beherrscht Niklaus Flammer sein Handwerk, wie seine Frau betont. Die Kirschessigfliege, der Pflaumenwickler und der Zwetschgenrost – sie sind die grossen Feinde der Zwetschgen und wollen in Schach gehalten werden. Denn, das wissen die Flammers aus Erfahrung, die Kundschaft wünscht sich einwandfreie Zwetschgen von bester Qualität.

Mit am Tisch sitzen vier der fünf Kinder, der älteste, Dominik, lernt Lebensmitteltechnologe und befindet sich bei der Arbeit. Zu Hause zeichnet er für sein eigenes Projekt "Blumen zum Selberschneiden" verantwortlich, "und er macht das sehr gut", lobt seine Mutter. Mathias, Simon, sowie die Zwillinge Julian und Magdalena hören aufmerksam und still zu, was ihre Eltern erzählen. Wenn es dann aber später darum geht, die Zwetschgenbäume zu "besuchen", kommt Leben in die Kinder. Sie holen die Leiter, ziehen sie strahlend und lachend durch die Obstbäume um dann sofort hinaufzusteigen und mit den schon fast reifen Zwetschgen um die Wette zu strahlen. Ein Bild, wie aus dem Bilderbuch, in dem man noch lange blättern möchte…..

Text und Bilder: Irene De Cristofaro-Wipf

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